Im Grunde genommen nur ein Wort, mittlerweile steckt aber eine komplette Ideologie dahinter. Denn nur wer öffentlich Toleranz zeigt, darf im Mainstream der Meinungen mitschwimmen. Äussert man sich hingegen kritisch zu gewissen Themen, dann wird man sogleich als intolerant abgestempelt.
Das ist insofern spannend, weil Toleranz ja genau das bedeutet: Etwas zu ertragen, obwohl es nicht den eigenen Ansichten entspricht. „Tolerieren heisst ertragen, und zwar gegen die eigene Überzeugung. Das hat nur in einer Gesellschaft Platz, die den offenen Widerstreit der Meinungen kennt“ (Ribi, NZZ).
Etwas zu tolerieren klammert die Möglichkeit zur Kritik daran also nicht per se aus. Bin ich beispielsweise mit einem Arbeitsprozess in meinem Job nicht zufrieden, muss ich ihn trotzdem ausführen, also sozusagen tolerieren. Nichtsdestotrotz darf ich meine Kritik daran äussern, zumal ja die Möglichkeit besteht, dass der Prozess dadurch eine Verbesserung erfährt, sofern die Kritik mit vernünftigen Argumenten begründet wird.
Genau dasselbe wünsche ich mir wieder mehr in der öffentlichen Debatte. Dass vernünftige Argumente zumindest zur Kenntnis genommen werden, auch wenn sie nicht den eigenen Überzeugungen entsprechen. Denn Toleranz braucht als Gegengewicht zwingend die furchtlose Auseinandersetzung. Oder wie Ribi erklärt:
„Im Zeichen einer falsch verstandenen Toleranz, die glaubt, alles Andere und Fremde akzeptieren zu müssen, wagen wir kaum mehr, Nein zu sagen, vor allem, wenn Differenzen religiös oder kulturell begründet sind. Aber das kann uns niemand ersparen. Diese dauernde Auseinandersetzung ist der Preis, den wir unserer freiheitlichen Gesellschaft schuldig sind.“
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